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Wellen schlagen kann nicht nur Corona – auch die beiden großen christlichen Glaubensgemeinschaften in Deutschland bekommen das ganz gut hin. Insbesondere die katholische solche ist im Synchronwellenbad mit der Seuche – und aktuell bereits bei der dritten angelangt: Missbrauchskandal, Verhinderung des Mindestlohns in der Pflege durch die Caritas – und nun die völlige Ignoranz gesellschaftlicher und gesundheitlicher Notwendigkeiten in der COVID19-Pandemie.

Am 22.03.2021 appellierte die Bund-Länder-Konferenz an die Kirchen, doch möglichst über Ostern auf Präsenz-Gottesdienste zu verzichten und entsprechende Feiern digital zu veranstalten. Der Aufschrei kam prompt – sowohl von der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) als auch von der katholischen Bischofskonferenz. Man sei „überrascht“ von der Bitte – und kündigte an, selbstverständlich nicht auf Gottesdienste in der Kirche verzichten zu wollen.

Bemerkenswert genug, dass in einem säkularen Staat die allgemeingültigen Beschlüsse nicht für die Religionsgemeinschaften gelten. Zur Erinnerung: Gastronomie, Kultur, große Teile des Einzelhandels sind seit Wochen im staatlich verordneten Lockdown. Bitter, aber notwendig. Gefestigt durch gesetzliche Verordnungen und mit harten Sanktionen belegt. Und die Kirchen? Werden „freundlich gebeten“, auf Öffnung zu verzichten. Die alten, gut geschmierten Sonderbehandlungen der großen christlichen Religionsgemeinschaften funktionieren auch in diesen Zeiten reibungslos. Ist ja gute alte Tradition und damit quasi Gewohnheitsrecht, dass sich der Staat nicht in innerkirchliche Angelegenheiten einmischt (siehe auch Aufklärung der Missbrauchsfälle).

Nun könnte man meinen, die Kirchen hätten ein gewisses Maß an Verantwortungsbewusstsein oder Moral, (streichen Sie das, is‘ Quatsch, ich weiß) um die nötigen Schlüsse zu ziehen und freiwillig auf Gottesdienste zu verzichten. Stattdessen erklärt man, der Großteil der Menschen in Deutschland „freue sich auf die Ostergottesdienste“. Nun weiß ich nicht, welche Art von Realitätsverlust die Kirchenoberen plagt – sind doch aktuell nur noch knapp über die Hälfte der deutschen Bevölkerung als katholisch oder evangelisch registriert. Und selbst davon gehen längst nicht alle in die Kirche. Mehr noch, die aktuelle Nachfrage nach Kirchenaustritten lässt bereits Amtsserver zusammenbrechen. Vielleicht kann ja ein handwerklich ordentlich gemachter Exorzismus der teuflischen Realitätsverzerrung Herr werden.

Problem für die Religionsgemeinschaften: Weniger Kirchenangehörige bedeutet langfristig weniger Schäfchen im Gottesdienst, ergo auch weniger Geklimper im Klingelbeutel (und junge Meßdiener auf der After-Gottesdienst-Feier). Und weniger Geld in der Kasse bedeutet ja auch weniger Möglichkeiten, den Armen zu helfen… (schon wieder falsch) … sich selbst zu bereichern. Und damit schließt sich der Kreis der selbsternannten „christlichen“ Organisationen. Auch die Union, der parlamentarische Arm der Kirchen fiel ja bekanntermaßen durch Krisenreibach auf. Das Konzept Nächstenliebe dürfte bei den Christenorganisationen dem letzten internen Controlling zum Opfer gefallen sein.

Und natürlich hilft man sich auch untereinander, so gab es bereits einen Tag später wortreiche Schützenhilfe vom Bayernhorst aus dem Heimatministerium. Wobei dessen Realitätsverweigerung ja bereits bekannt und legendär ist. Vielleicht sollte man der CDU/CSU vorschlagen, die Ostergottesdienste von Andi Scheuer organisieren zu lassen, das wäre unsere einzige Chance.

In diesem Zusammenhang übrigens von „guten Hygienekonzepten“ bei Gottesdiensten in der Vergangenheit zu sprechen, wie es sowohl Limburger Bischof und Seehofer formulieren, ist angesichts von zahlreichen göttlichen „Superspreader-Events“ im Verlauf der Pandemie blanker Hohn. Die Kirchen legen ein hochgradig ignorantes Verhalten an den Tag – und schlagen allen sonstigen vom Lockdown betroffenen Institutionen sowie Unternehmen mit grinsender Häme ins Gesicht. Weil man es kann. Und weil man Macht demonstrieren muss, solange man sie noch hat. Der geneigte kritische Beobachter könnte jedoch meinen, die Kirchen stünden darauf, Negativ-Schlagzeilen zu provozieren. Dabei ist Masochismus doch eigentlich auch Sünde.

Aber egal – Ostern ist nur einmal im Jahr. Darauf einen Eimer Messwein mit zehn Strohhalmen. Mit ein bisschen Glauben und Alkohol ist dann das Coronavirus auch gar nicht mehr so gefährlich.

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